Basics: CSR und Recht - Schnittstellen und Auswirkungen auf die nachhaltige Unternehmensführung

"Nur wer die rechtlichen Rahmenbedingungen des wirtschaftlichen oder administrativen Handelns kennt und beobachtet, kann auf Dauer erfolgreich agieren.“
Recht nachhaltig, Roettgen & Kluge


Die allgemeine Pflicht der Unternehmen, Gesetze einzuhalten (Compliance) berührt auch zahlreiche Bereiche der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (Corporate Social Responsibility – CSR) wie bspw. Antikorruption, Arbeits- und Gesundheitsschutz- oder Umweltschutz, welche in verbindlichen, wirtschafts-, arbeits- und umweltrechtlichen Rechtsnormen geregelt sind. Darüber hinaus gibt es gesellschaftliche Vorgaben z.B. in Form von Standards und Richtlinien, die Unternehmen im Rahmen von CSR berücksichtigen sollten. Aufgrund neuer Herausforderungen in der globalisierten Wirtschaft steigt die Komplexität und Reichweite dieser Rechtsnormen und Standards und sie sind zunehmend auch Gegenstand deutscher Rechtsprechung. Um mögliche Haftungsrisiken und Reputationsschäden zu vermeiden, ist es daher wichtig, die Schnittstellen zwischen CSR und Recht zu kennen und sich ggf. juristisch beraten zu lassen.

Ausgewählte Schnittstellen von CSR und Recht im Überblick

Bereich CSR Rechtsgebiete
Unternehmerische Verantwortung allgemein Deutsches Verfassungsrecht
(z.B. Menschenwürde, Gleichheit, Freiheit, Koalitions- und Vereinigungsfreiheit etc.)
Schutz der Menschenrechte Internationale Standards mit Fokus auf Menschenrechte und europäische Normen
Berichterstattung mit Fokus auf nicht-finanzielle Informationen Bilanzrecht
Berichterstattung im Bereich Geschäftsbericht/ Vorstandsvergütung Aktienrecht, insbesondere der Grundsatz der angemessenen Vorstandsvergütung
Nachhaltigkeitskommunikation, insbesondere Werbung unter Einbeziehung von CSR-Verhaltensweisen, Cause-related Marketing Wettbewerbsrecht, Presserecht, Urheberrecht

Verhaltenskodex für Lieferanten

Ethikrichtlinien / CSR-Verhaltenskodizes

Vertragsrecht (Allgemeine Geschäftsbedingungen)
Umgang mit MitarbeiterInnen Internationales Recht (Fokus Menschenrechte) sowie deutsches und europäisches Arbeits- und Sozialrecht (Aspekte wie bspw. Mindestlohn-, Arbeitszeit-, Bundesurlaubs-, Mutterschutz-, Jugendarbeitsschutzrecht)
Nachhaltige, öffentliche Beschaffung Vergaberecht unter Einbeziehung nachhaltiger Auswahlkriterien sowie Leitfäden
Korruptionsprävention Wirtschaftsstrafecht
Compliance mit Fokus auf Steuerangaben Steuerrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht
Betrieblicher Umweltschutz Umwelt- und Energierecht, nationale und internationale Standards
Tierwohl und Naturschutz Besonderes Verwaltungsrecht (Tier- und Naturschutzrecht)
Transparenzanforderungen an international agierende Unternehmen Auslandsinvestitionsrecht

Zwingendes Recht
Ausgehend von diesen Schnittstellen sollten Unternehmen im Rahmen ihres Nachhaltigkeitsmanagements zwingend geltende Gesetze und Rechtsnormen einhalten, um einen - im schlimmsten Fall - drohenden Lizenzverlust aufgrund von Rechtsverstößen zu vermeiden. Beispielhaft seien folgende Rechtsgebiete bzw. Rechtsnormen aufgeteilt in Gültigkeitsbereiche genannt:

  • Nationales Recht
    • Zivil- und Wirtschaftsrecht (Kapitalmarkt-, Bilanz-, Kartell- und Wettbewerbsrecht)
    • Arbeits-, Sozial- und Steuerecht
    • Verwaltungsrecht (Gewerbeordnung, Umweltrecht, Außenwirtschaftsrecht)
    • Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht
    • branchenspezifische Gesetze und Verordnungen im Bereich Food- und Agribusiness
  • Europäischen Konventionen: z. B. Charta der Grundrechte der Europäischen Union
  • Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten
  • Europäische Richtlinien und Verordnungen:
    • EU Rechnungslegungsrichtlinie (Berichterstattung)
    • EG Verordnungen zur Lebensmittelhygiene
      (sog. Hazard Analysis and Critical Control Points-Konzept = HACCP-Konzept zur Gefahrenanalyse von Lebensmitteln)
    • EU-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz
    • REACH-Verordnung (europäische Chemikalienverordnung)
  • Internationale Konventionen: ILO-Kernarbeitsnormen, UN Konvention gegen Korruption

CSR-Standards
Auch wenn es noch nicht DIE universell anwendbare, international gültige und auditierbare Norm für nachhaltiges Wirtschaften gibt, so haben sich doch verschiedene Standards etabliert, das Thema CSR umfangreich regulatorisch gestalten.
Zum Verständnis: CSR Standards sind in Grundsätze und Leitlinien gegossene Erwartungen, welche die Stakeholder - über die allgemeine Gesetzestreue hinaus – an Unternehmen stellen. Sie geben den Unternehmen dadurch auch ein gewisses Maß an Sicherheit, dass bspw. bei Beachtung dieser Standards die Reputation des Unternehmens nicht gefährdet ist. In der Regel sind Standards rechtlich unverbindlich. Jedoch ab dem freiwilligen Beitritt bzw. der Zertifizierung drohen dem Unternehmen im Falle von Verstößen auch Sanktionen wie bspw. Veröffentlichung der Verstöße oder Geldbußen.

Im Bereich „Dokumente" findet sich eine Auswahl wichtiger CSR-Standards ohne Anspruch auf Vollständigkeit ... mehr erfahren in Dokumente.

 

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Auswahl wichtiger CSR-Standards
eigene Zusammenstellung, Linkliste (2016)
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Beispiele von Auswirkungen auf den CSR-Alltag im Unternehmen:
Einführung von Verhaltenskodizes für Lieferanten
Die im Thema „Nachhaltiges Wirtschaften in der Wertschöpfungskette“ beschriebenen Verhaltenskodizes für Lieferanten werden in der Regel als Bestandteil des Liefer- oder Dienstleistungsvertrages den Lieferanten zur Unterschrift vorgelegt. ... mehr erfahren zu "Nachhaltiges Wirtschaften".
Die Kodizes enthalten meist CSR-Anforderungen in Bezug auf wirtschaftliche, ökologische und soziale Themen (z. B. Menschenrechte, ArbeitnehmerInnenschutz, Umweltschutz und Korruptionsverbot) und beziehen sich auf bestehende inter(nationale) Gesetze und Standards (s.o.) sowie Kundenerwartungen. Formal werden sie in der Regel als Vertragsklauseln oder durch Verweisung als Einzeldokument/Kodex in den Vertrag aufgenommen. Rechtlich zu hinterfragen ist insbesondere, wie bei Verhaltenskodizes (engl. Code of Conducts) von unterschiedlichen Auftraggebern oder bei Kollisionen zwischen eigenem und fremdem Kodex zu verfahren ist. Daneben stellt sich die Frage der Vereinbarkeit der Klauseln mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Weitere diesbezügliche Rechtsfragen sowie Tipps zur Erstellung und Einführung eines Verhaltenskodex für Lieferanten sind u.a. Gegenstand des INANi-Seminars zum Thema „Wie nachhaltig ist Ihre Lieferkette? So profitieren Sie als Lieferant von Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie“ und werden dort vertiefend behandelt. ... mehr erfahren zum INANi-Seminar .


CSR im Wettbewerbsrecht
Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitskommunikation ist zu beachten, dass Unternehmen die Einhaltung von Gesetzen und CSR-Standards genau prüfen, bevor sie über ihre CSR-Leistungen in der Öffentlichkeit berichten. ... mehr erfahren zu "Nachhaltigkeitskommunikation".

Denn kann bspw. einem Handelsunternehmen, das sich als Mitglied von BSCI (Business Social Compliance Initiative) zur Einhaltung von Standards aus dem Bereich Schutz von Menschenrechen verpflichtet, nachgewiesen werden, dass einzelne Lieferanten ihrer Lieferkette nicht frei von Kinderarbeit sind, könnte es neben Reputationsrisiken auch Haftungsrisiken wegen möglicher Verletzung des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) ausgesetzt sein.

Grundsätzlich erfasst Wettbewerbsrecht nur den Teil der Unternehmenskommunikation, der auf VerbraucherInnen, KundInnen und InteressenInnen gerichtet und geeignet ist, deren Kaufentscheidung zu beeinflussen, was in der Praxis auch irreführend sein kann. Sobald im obigen Beispiel das Handelsunternehmen mit der freiwilligen Selbstverpflichtung zu BSCI Werbung macht und die darin enthaltenen Verpflichtungen nicht einhält, könnte ein Verstoß gegen unternehmerische Selbstverpflichtungen  - den sog. „Generalklauseln“ des § 3 Abs. 2 und UWG  - vorliegen.

Weitere mögliche, wettbewerbsrechtlich relevante Aussagen sind z. B. produktbezogene Umweltwerbung, CSR-Labelling und cause-related Marketing, die dem Vorwurf der Irreführung im Sinne von § 5 UWG ausgesetzt sein könnten. Auch hier bedarf es stets einer genauen rechtlichen Prüfung ... mehr erfahren zu "Greenwashing".

Die neue Berichtspflicht ab 2017
Die im deutschen Recht umgesetzte EU-Richtlinie für die Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen (Richtlinie 2014/95/EU, sog. CSR-Richtlinie) verpflichtet bestimmte Unternehmen, ab 2017 entsprechende Berichte zu erstellen.
Ziel dieser Berichtspflicht ist, bei den Unternehmen das Bewusstsein für CSR zu etablieren und Regelungen zur Stärkung von unternehmerischer Verantwortung zu treffen. Die Umsetzung im deutschen Recht (Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten) beinhaltet im Wesentlichen neue Berichtspflichten in den Lage- und Konzernlageberichten. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sind von der Richtlinie nicht erfasst. Indirekte Auswirkungen könnten ihnen jedoch u.a. als Geschäftspartner im B2B-Geschäft mit großen Unternehmen entstehen:

  • da sie den Auftragebern erweiterte Auskunft zu deren nicht-finanziellen Maßnahmen und Auswirkungen erteilen müssen und
  • von ihnen Zertifizierungen oder unternehmensweite Richtlinien und Anweisungen (z. B. strategische Risikoanalyse und Maßnahmenkatalog, Corporate Governance Leitfäden) bzw. Nachhaltigkeitsberichte als Nachweis verlangt werden.

ISO 37001 Antikorruption
Von der International Organization for Standardization (ISO) wurde ein neuer internationaler Standard ISO 37001 „Anti-Korruptions Managementsysteme“ entwickelt und in 2016 veröffentlicht. Ziel ist, ein einheitliches Verständnis sowie Maßstäbe bei Entwicklung, Implementierung, Betrieb und Verbesserung von Anti-Korruptions Managementsystemen zu schaffen. Darüber hinaus soll der Standard Hilfestellung bei der Implementierung von Maßnahmen und Kontrollen zur Vermeidung und Aufdeckung um Korruption zu geben. ISO 37001 kann weltweit von verschiedenen Organisationstypen angewendet werden, d.h. auch von kleinen bis großen Unternehmen, Stiftungen, Verbänden, Behörden etc.
Rechtlich relevant wäre hier, dass z. B. in gerichtlichen Verfahren ein Nachweis erbracht werden kann, dass angemessene Schritte zur Vermeidung von Korruption durchgeführt wurden. Dies kann sich ggf. strafmildernd auswirken.

Haftungsausschluss
Wir machen darauf aufmerksam, dass die obigen Ausführungen einschließlich der Inhalte im Bereich „Dokumente“ lediglich dem unverbindlichen Informationszweck dienen und keine verbindliche Beratung bzw. Rechtsberatung darstellen. Insofern verstehen sich alle angebotenen Informationen ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.

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