Basics: Nachhaltiges Wirtschaften in der Wertschöpfungskette

Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e.V. (DLG) weist darauf hin, dass:

„Nachhaltigkeit (...) Ernsthaftigkeit und Ehrlichkeit im unternehmerischen Handeln (braucht...) sie darf kein Lippenbekenntnis sein und muss auf allen Stufen der Wertschöpfungskette sichtbar umgesetzt werden.”
Quelle


Worum geht es
Die Wertschöpfungskette im Food- und Agribusiness umfasst neben landwirtschaftlichen Vorleistungen, den Anbau eines Rohstoffes und dessen Weiterverarbeitung sowie den Zwischenhandel/Handel und die Nutzungsphase bei Geschäftskunden oder privaten Verbraucher/innen. Zudem gehört heute auch die Wiederverwendung und/oder Entsorgung im Hinblick auf den Aspekt der Kreislaufwirtschaft dazu.
Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette bildet die Verknüpfung von Wertschöpfungsketten- und Nachhaltigkeitsmanagement mit dem Ziel, die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen sowie die Förderung guter Unternehmensführung über den gesamten Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen zu steuern und einen Mehrwert zu schaffen.

Exemplarische Wertschöpfungskette für ein Lebensmittel (z. B. Brot)
Stufe 1 - Landwirtschaftliche Vorleistungen (z.B. Saatgut, Dünger)
Stufe 2 - Landwirtschaftliche Produktion/ Rohstoffgewinnung (z. B. Anbau/Ernte)
Stufe 3 - Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen (z. B. Getreide)
Stufe 4 - Verarbeitung (z. B. Teig herstellen, Brot backen)
Stufe 5 - Verpackung (z. B. Papier, Plastik, Pappe)
Stufe 6 - Distribution (z. B. Lager, Transport, Ladentheke)
Stufe 7 - Konsum (z. B. private Haushalte, öffentliche Einrichtungen)
Stufe 8 - Entsorgung/ Verwertung (z. B. Verbrennung, Recycling, Kompostierung)

Ein zentraler Teilaspekt ist das nachhaltige Management der Zulieferkette (engl. Sustainable Supply Chain Management, SSCM). Hier geht es in erster Linie um eine innovative, nachhaltigkeitsorientierte Beziehung zwischen dem fokalen Unternehmen und den (Sub-)Lieferanten, d.h. angefangen vom Anbau/Abbau von Rohstoffen bis zur finalen Produktion im Unternehmen bzw. Verkauf gelieferter Produkte. Akteure im Food- und Agribusiness sind bspw. landwirtschaftliche Klein- und Großbetriebe, Verbände und Genossenschaften, aber auch multinationale und staatseigene Unternehmen sowie Fonds, private Finanzakteure und Stiftungen.

Chancen

Unternehmen, die ihre Lieferkette unter Nachhaltigkeitsaspekten analysieren und entsprechende Maßnahmen ableiten und umsetzen, verschaffen sich attraktive Wettbewerbsvorteile u.a. in Form von Leistungssteigerung, einem höheren Return on Investment (ROI) und einer messbaren Markenaufwertung. Weitere Chancen sind:

  • konkrete ökonomische Anreize wie bspw. Ressourcen- und damit Kosteneinsparung sowie Realisierung von Innovationen
  • effektive Risikosteuerung bzw. -minimierung u.a. im Bezug auf Ausfälle in der Beschaffung, Umweltschäden sowie Marken- bzw. Unternehmensreputation, worauf auch Investoren achten (Dow Jones Sustainability Index (DJSI), FTSE4Good Index)
  • konstruktiver Dialog mit Lieferkettenmitgliedern und proaktive Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsinteressen relevanter Anspruchsgruppen (z.B. KonsumentInnen und deren Interesse an Rückverfolgbarkeit der Produkte)
  • umfassende Einhaltung von Gesetzen sowie national bzw. international etablierten Mindestanforderungen ... mehr erfahren zu "CSR und Recht"
  • profunde Datenlage für eine glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation im Bereich Sustainable Supply Chain Management ... mehr erfahren zu "Nachhaltigkeitskommunikation"
  • langfristige Bindung von motiviertem Fachpersonal, das den Wert Nachhaltigkeit im Unternehmen leben und sich mit dem Produkt mit gutem Gewissen identifizieren können möchte ... mehr erfahren zu "Soziale Seite von Nachhaltigkeit"
  • global-gesellschaftlich wertvoller Beitrag durch entwicklungspolitisch engagierte Akteure, denn sie tragen zur Herausbildung inklusiver Märkte sowie zur nachhaltigen Entwicklung ihres globalen Umfeldes auch im Sinne des Auftrags der Vereinten Nationen bei.

Herausforderungen
Neben den Chancen sollten Unternehmen auch die mit SSCM verbundenen Herausforderungen im Blick haben, z. B.:

  • fehlender organisatorischer Rahmen
  • unzureichendes Budget
  • zu geringe Managementunterstützung und ggf. Mangel an qualifizierten Arbeitskräften
  • externe Barrieren (unübersichtliche Richtlinien, unzureichende gesetzliche Anforderungen und Anreize)
  • zu wenig Nachfragemacht
  • hoher Komplexitätsgrad der Lieferkette aufgrund weltweiter Beschaffungsaktivitäten (Global Sourcing) und damit verbunden eine aufwendigere Prozessgestaltung (Kosten, Wissensverteilung, Produktkenntnisse, Kommunikation auf nationaler und internationaler Ebene sowie Flexibilität)
  • beim Export deutscher Produkte fehlende Berücksichtigung der kulturellen Unterschiede im Bezug auf Bewusstsein bzw. Verständnis von Nachhaltigkeit

Methoden zur Implementierung
SSCM basiert auf einer Vielzahl von Informationen über die Nachhaltigkeitsleistungen eines Unternehmens und seiner Marktpartner, was nur mit Hilfe eines unternehmensinternen und -übergreifenden Wissensaustauschs möglich wird. Die Implementierung des SSCM verlangt somit ein systematisches Vorgehen. Der Leitfaden des UN Global Compact (... mehr erfahren in Dokumente) beschreibt die einzelnen Schritte in folgender Grafik und bietet detaillierte Hinweise für die operative Umsetzung:

Quelle Grafik: https://www.unglobalcompact.org/docs/issues_doc/supply_chain/SupplyChainRep_DE.pdf  © 2012 UN Global Compact Office
Quelle Grafik: https://www.unglobalcompact.org/docs/issues_doc/supply_chain/SupplyChainRep_DE.pdf © 2012 UN Global Compact Office

Im Folgenden werden ausgewählte Instrumente vorgestellt, die im Rahmen des in der Grafik aufgezeigten Ansatzes eingesetzt werden können. Vertiefende Informationen sowie Best Practice Beispiele werden in dem INANi-Seminar „Wie nachhaltig ist Ihre Lieferkette? So profitieren Sie als Lieferant von Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie" vorgestellt ...... mehr erfahren zum INANi-Seminar.

Analyse-Instrumente Hot Spot Analyse und Ökobilanz
Ein mögliches Instrument, um die Wertschöpfungskette eines Unternehmens zu analysieren und konkrete Handlungsempfehlungen abzuleiten (unterstützt Schritt 1 der Grafik „Sich Verpflichten“) ist die sog. Hot Spot Analyse. Sie basiert auf Recherche und Stakeholderbefragung, um soziale und ökologische Risiken zu identifizieren, mit den entsprechenden Partnern der Wertschöpfungskette in Beziehung zu setzen und Maßnahmen für die Steuerung bzw. Minimierung dieser Risiken festzulegen. Die Einbeziehung der Lieferanten in diesen Prozess ermöglicht einen Dialog auf Augenhöhe und die Verbesserung der Beziehungen zu ihnen. Findet die Analyse regelmäßig statt, intensiviert sich auch der Kontakt zwischen Lieferanten und Unternehmen.

Ein aufwendigeres, in der Regel auch Software basiertes Analyseinstrument ist die Ökobilanzierung (auch sog. Lebenszyklusanalyse/ Life Cycle Assessment, LCA). Dabei werden verschiedene Produkte hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen miteinander verglichen, Möglichkeiten zur Verbesserung der Umwelteigenschaften in den verschiedenen Phasen ihres Lebensweges aufgezeigt und relevante Indikatoren der Umweltleistungseigenschaften einschließlich der Messverfahren ausgewählt. Da Umweltziele und ökonomische Ziele oft miteinander verknüpft sind, ist das Unternehmen in der Lage, entsprechende Maßnahmen im Hinblick auf SSCM abzuleiten.

Umgang mit Lieferanten
Bewährt hat sich in der Praxis ein stufenweises, kontinuierlich weiter zu entwickelndes Vorgehen (unterstützt Schritt 3 der Grafik „Festlegen und Umsetzen“) – je nach Breite und Tiefe der durch die Lieferanten einzuhaltenden Nachhaltigkeitsverpflichtungen. Hilfreiche Orientierung  bietet dazu auch der Leitfaden von DIN ISO 26000 mit dem wichtigen Hinweis, dass Unternehmen ihren Einflussbereich bzw. die Reichweite ihrer Lieferbeziehungen klar definieren sollten, bevor Maßnahmen im nachhaltigen Umgang mit Lieferanten eingeleitet werden ... mehr erfahren in Dokumente.

Quelle Grafik: https://www.unglobalcompact.org/docs/issues_doc/supply_chain/SupplyChainRep_DE.pdf  © 2012 UN Global Compact Office
Quelle Grafik: https://www.unglobalcompact.org/docs/issues_doc/supply_chain/SupplyChainRep_DE.pdf © 2012 UN Global Compact Office

Gängige Praxis ist, dass Lieferanten dazu eingeladen werden, ausgewählte Normen, Managementsysteme und Standards zu implementieren, um die Nachhaltigkeitsanforderungen des fokalen Unternehmens zu erfüllen. Gefragt sind u.a.:

  • EMAS (Eco- Management and Audit Scheme - EU-Öko-Audit)
  • GRI - Global Reporting Initiative - Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • ISO Standards zu Qualitäts-, Umwelt und Energiemanagement wie DIN EN ISO 9001, 14001, 50001
  • SA8000 - internationaler Standard zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen
  • UN Global Compact
  • OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen
  • ILO Kernarbeitsnormen.

Sinnvoll ist, Lieferanten zu motivieren, selbst eine Verbesserung der Nachhaltigkeit anzustreben und entsprechende Anreize zu schaffen. Wichtig sind klare Maßstäbe für kontinuierlich hohe Leistungen festzulegen. Geeignete Anreize sind u.a.:

  • Verleihung des Status „bevorzugter Lieferant“
  • Steigerung des Geschäftsvolumens mit dem betreffenden Lieferanten
  • Auszeichnungen
  • Beteiligung an strategischen Planungsgesprächen zwischen Kunden und Lieferanten
  • Übernahme eines Teils der Kosten für Verbesserungen bei der Nachhaltigkeit
  • Unterstützung beim Kapazitätsaufbau

Verhaltenskodex für Lieferanten
Um eigene Erwartungen an Nachhaltigkeit zu formulieren (siehe auch erste Stufe der Pyramide) ist in der Praxis der sog. Code of Conduct (CoC) verbreitet. Diese schriftlich niedergelegten Richtlinien machen den eigenen Anspruch sowie Anforderungen für Kunden und Lieferanten im Hinblick auf Nachhaltigkeit deutlich und überprüfbar. In der Regel wird ein Verhaltenskodex vom fokalen Unternehmen entwickelt und z.B. im Rahmen seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen in die Geschäftsbeziehung zum Lieferanten eingeführt. Es gibt Bestrebungen, die verschiedenen Kodizes zu vereinheitlichen (z.B. Global Social Compliance Programme, Business Social Compliance Initiative (BSCI) und GlobalG.A.P.). Aufbau und Rechtsnatur von CoCs werden im Thema "CSR und Recht" beleuchtet ... mehr erfahren zu "CSR und Recht".

Lieferantenfragebogen, Audits und Schulungen
Bei der Auswahl (vor Stufe 1 der Pyramide) sowie im Zusammenhang mit Erwartungen und Monitoring (Stufen 1 und 2 der Pyramide) ist der Lieferantenfragebogen ein bewährtes Tool. Der Fragenkatalog sollte mit den im CoC des fokalen Unternehmens verankerten Grundsätzen kongruent sein. Mithilfe eines mehrstufigen Bewertungssystems kann den Lieferanten nachvollziehbar und transparent aufgezeigt werden, welche Mindestanforderungen sie für die Aufnahme in den Lieferantenpool erfüllen müssen bzw. wo sie Entwicklungspotential haben, um die Anforderungen zu 100% zu erfüllen. Der Fragebogen kann unternehmensintern oder von externen Anbietern (siehe unten) mit entsprechenden Softwarelösungen aufgesetzt werden.
Lieferantenaudits können einen Schritt weiter gehen. Denn neben der zumeist umfangreichen Datenabfrage führen lokale Unternehmen entweder selbst oder durch externe AuditorInnen Vor-Ort Besuche bei den Lieferanten durch, um den Stand der Nachhaltigkeitsleistung von Lieferanten bspw. im Rahmen von Qualitätsaudits oder anderer bereits bestehender Auditformatezu überprüfen.
Unterstützend im Sinne von „Capacity Building“ bieten viele Unternehmen an den Lieferstandorten oder auch webbasiert Schulungen z. B. zum Thema Nachhaltigkeitsmanagement an. Dieser Wissenstransfer wird von vielen Lieferanten als sehr wertvoll und wirkungsvoll bewertet und fördert den partnerschaftlichen Dialog zwischen KundInnen und LieferantIn (siehe auch Stufe 4 der Pyramide „Partnerschaft“).

Akteure des Food- und Agribusiness nutzen für die Lieferantenbewertung und Schulungen auch externe Anbieter wie Sedex (Supplier Ethical Data Exchange), EcoVadis und SAI (Sustainable Agriculture Initiative). Dabei handelt es sich um Software basierte Online Plattformen, wo sich Lieferanten registrieren und ihre Unternehmensdaten mit Fokus auf ihre Nachhaltigkeitsleistung eingeben können. Vorteile dieser Plattformen sind u.a.:

  • Teilen der eigenen Nachhaltigkeitsprüfungsberichte mit anderen Mitgliedern und bzw. eigenen KundInnen
  • Zugang zu Daten bspw. bzgl. Arbeitsbedingungen in der eigenen Lieferkette sowie zu Hinweisen für die Datenverwaltung
  • International, übergreifend und am Markt anerkannte Audits, so dass Auditierung/ Zertifizierung nach anderen Standards gespart werden kann
  • neutrale Abbildung der eigenen unternehmerischen Nachhaltigkeit
  • Zugang zu Branchennachrichten, Fortbildungen und Netzwerken
Haftungsausschluss
Wir machen darauf aufmerksam, dass die obigen Ausführungen einschließlich der Inhalte im Bereich „Dokumente“ lediglich dem unverbindlichen Informationszweck dienen und keine verbindliche Beratung bzw. Rechtsberatung darstellen. Insofern verstehen sich alle angebotenen Informationen ohne Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.

Mehr erfahren in Dokumente:

Klick ins Bild
Klick ins Bild

Mehr erfahren zum INANi-Seminar:

Klick ins Bild
Klick ins Bild

Haben Sie Fragen?

Klick ins Bild
Klick ins Bild